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You are here: Home Lieder Gute Nacht, ihr harten Sinnen Edition B: Poetik 1711
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B. Gute Nacht! ihr harten Sinnen

(Poetik 1711)


Text: Heinrich Anshelm von Zigler und Kliphausen (1663–1697)

Scan der Editionsvorlage
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1. Gute Nacht! ihr harten Sinnen /
Gute Nacht! du Felsen–Hertz /
Soll mein Hoffnungs Wachs zerrinnen?
Ist mein Lieben nur dein Schertz?
Ey! So will ich dir bey Zeiten /
Eine gute Nacht andeuten.
 
2. Diamanten müssen springen
Wenn sie nur schlecht Bocks–Blut kühlt
Und ein Tieger läst sich zwingen
Daß er mit dem Menschen spielt.
Hier muß Diamant und Tieger
Dich erkennen als ein Sieger. |[S. 255]
 
3. Stahl muß weichen / Gold muß fliessen
Wann es nur die Gluth besehlt
Und durch öffteres Begiessen /
Wird der Stein letzt ausgehölt;
Aber du wilst dich beweisen
Mehr zu seyn als Stahl und Eisen.
 
4. Du verachtest meine Thränen
Du verlachest meine Treu /
Ich darff niemahls recht erwehnen
Wie mein Geist entzündet sey;
Ja es können selbst die Zeiten
Nicht den harten Sinn bestreiten
 
5. Wider das Verhängniß leben
Ist dem Menschen nicht erlaubt;
Harte Eichen widerstreben
Biß der Blitz die Härte raubt.
Darum hüte dich / du Schöne /
Daß die Reue dich nicht kröne.
 
6. Zwar will ich dir gerne gönnen
Den / so du dir zugedacht
Wirst du dich verbessern können
Sag ich billig / gute Nacht.
Doch wenn dir es wird gereuen /
Soll der Himmel mich erfreuen.


Joh. Friedrich Rothmanns/ J. U. C. / Lustiger Poete // Worin die vornehmsten Reguln der Poësie / Mit allerhand lustigen Exempeln / Der angehenden / Poëtisierenden Jugend / Zu mehrer Auffmunterung / zur Poësie; / Andern aber zu einem kutzweiligen / Zeit-Vertreib // erläutert // zusammengetragen / und mit einem vollständigen Register versehen. / Gedruckt im Jahre MDCCXI, S. 254f.
DVA: B 50258


Editorische Anmerkung:
Die in dieser praktischen Anleitung zur Dichtkunst enthaltende Version weicht deutlich von der in der Erstausgabe des Romans (1689) gedruckten Fassung wie auch von der seit der zweiten Auflage von 1700 tradierten Fassung ab. Zu der vom Roman unabhängigen Verbreitung des Liedes hat dieser Druck mit Sicherheit beigetragen, als Vorlage für die heute noch existierenden Abschriften (siehe Edition C, D und E) kommt diese Variante jedoch nicht in Betracht.
Der Text erscheint bei Rothmanns innerhalb des zehnten Kapitels ("Das X. Capitel. Von Trochaischen Oden") als 13. Beispiel für deren mögliche Machart ("Die XIII. Art").
last modified 19.06.2012 11:58
 

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