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Freiheit, die ich meine


Das Gedicht "Freiheit, die ich meine" wurde erstmals im Jahr 1815 veröffentlicht. Es stammt von Max von Schenkendorf. Unter den verschiedenen Vertonungen hat sich die Melodie von August Groos durchgesetzt, die seit 1825 in Gebrauchsliederbüchern nachweisbar ist. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde das Lied – übereinstimmend mit dem Kontext seiner Entstehung – unter nationalen Vorzeichen rezipiert. Neuerdings spielt das Liedinitium auch in der Werbung, der Publizistik und im Bereich des Schlagers eine Rolle.

I. Max von Schenkendorf (1783–1817) gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der Napoleonischen Kriege. 1813 war er im preußisch-russischen Generalstab tätig, später nahm er an der allgemeinen Volksbewaffnung in Frankfurt teil. Seit 1815 bekleidete er das Amt eines preußischen Regierungsrates in Koblenz. Das Gedicht "Freiheit, die ich meine" wurde zuerst im Jahr 1815 veröffentlicht, und zwar in einer bei Cotta verlegten Gedichtsammlung des Autors (Edition A). Die bekannte und bis in die Gegenwart viel zitierte Eingangszeile ist missverständlich: "meinen" bedeutet hier soviel wie "lieben" (von "minnen", vgl. Strophe 7). – Schenkendorfs Freiheitsbegriff ist diffus: Die Freiheit wird als "Engelsbild" angeredet. Offenkundig umfasst der Terminus persönliche, religiöse und nationale Elemente. Die dadurch bedingte Unklarheit der Gedanken wurde bereits im mittleren 19. Jahrhundert kritisiert (Heinrich Kurz 1859). Andererseits eröffnete diese Unbestimmtheit einen weiten Rezeptionshorizont – vielfältige Interpretationen und Assoziationen ließen sich mit dem Text verbinden.

II. Die erste Melodie zu diesem Gedicht hat Bernhard Klein (1793–1832) im Jahr 1818 geschaffen (Edition B). Dafür hat er jeweils zwei der ursprünglich fünfzehn Strophen zusammengefasst und in der achten die ersten vier Zeilen des Liedes nochmals eingeschoben. Durchschlagenden Erfolg hatte jedoch eine andere Weise, die von Karl August Groos (1789–1861) stammt. Komponiert wurde sie ebenfalls 1818. In allgemeinen Liederbüchern ist sie seit 1825 nachweisbar (Edition C).

III. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verbreitet sich der Text als nationales Lied. Bezeichnend ist die Rubrizierung in der Sammlung "Deutsche Volkslieder" (Zwickau 1847): Dort wird das Lied unter der Überschrift "Deutsche Liebe zur Freiheit" in das Kapitel "Vaterlands-, Helden-, Kriegs- und Siegeslieder" eingeordnet. Wenig überraschend ist, dass politisierte Männerbünde (Männerchöre, Studenten, Turner, Schützen) den Gesang im 19. Jahrhundert rezipiert haben. Das Lied wurde harmlos illustriert (Abb. 1), spielte aber genauso in der politischen Karikatur eine Rolle (Abb. 2). Bemerkenswert ist ferner die Verselbständigung des Initiums: Die Losung "Freiheit, die ich meine" verbreitete sich ab Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend als geflügeltes Wort, unabhängig vom Lied. Im "Dritten Reich" wurde das Lied in verschiedene Parteipublikationen aufgenommen, etwa in das "Nationalsozialistische Volksliederbuch" (Berlin-Schöneberg 1932) oder in das "SA.-Liederbuch" (Diessen vor München 1933). Während des Krieges erfuhr der Text eine Kürzung auf drei Strophen, um ihn im nationalsozialistischen Sinne zuzuspitzen (Edition E).

IV. Eine bemerkenswerte Parodie des Schenkendorf-Textes findet sich in der evangelischen Liedersammlung "Reichs-Lieder" (Edition D), einem Buch, das seit 1892 millionenfach verbreitet wurde. Die darin abgedruckte Fassung stammt von dem Pädagogen Christian Heinrich Zeller (1779–1860), der sich sowohl für die Innere Mission als auch die Armenfürsorge engagierte. Der religiöse Text aus dem Jahr 1847 bindet die Freiheit an den Glauben, dass Christus (der "Sohn") die Menschen erlöst hat. Als Melodie wurde dem Lied diejenige von Karl Groos zugeordnet, die im gleichen Buch noch dem Text "Jesu Gnadensonne" unterlegt worden ist.

V. Im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert spielt das Lied und die Eingangszeile "Freiheit, die ich meine" auch im Bereich des Schlagers, der Publizistik und der Werbung eine Rolle. Nur exemplarisch kann hier auf die Compact Disc "Freiheit die ich meine" der Gruppe "Münchener Freiheit" (2000) verwiesen werden, den gleichnamigen Titel von Peter Maffay (1996) oder auf den Schlager "Das ist die Freiheit, die ich meine" von Juliane Werding (1977). Mit der Titelzeile wurde ebenso für die französische Automobilfirma "Renault" Werbung gemacht (1986) oder – abgeändert in "Freizeit, die ich meine"– für Oberbekleidung (1995). Verschiedentlich wählten Autoren das Initium auch als Buchtitel, unter anderem der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider (1993), jüngst auch der Landtag Rheinland-Pfalz (2007).

MICHAEL FISCHER
(Januar 2008)



Editionen und Referenzwerke
Weiterführende Literatur
  • Heinrich Kurz: Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 3. Leipzig 1859 (die erwähnte Kritik S. 201).


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: überhaus häufig in Gebrauchsliederbüchern (etwa 200)
  • Bild-Quellen: gelegentlich auf Bildpostkarten, Liedillustrationen, Verwendung des Incipits für Karikaturen, Werbung etc.
  • Tondokumente: häufig auf Tonträgern
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Michael Fischer: Freiheit, die ich meine (2008). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/freiheit_die_ich_meine/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 16.10.2012 10:25
 

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