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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Freifrau von Droste-Vischering Edition H: Politische Parodie 1976
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H. Das war der Dr. Severing

(Politische Parodie 1976)


Text: Georg Bungter (* 1943), Günter Frorath (* 1946)

Scan der Editionsvorlage
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Das hohe Lied auf den Herrn Dr. Severing

1. Das war der Dr. Severing, Si-, Sa-, Severing,
dem's nur um seine Kranken ging, Kri-, Kra-, Kranken ging;
in Dachau, nah bei München, tat er die Leute röntgen
auf Herz und Lungenlappen, und ließ es sich berappen.
 
2. Im Wartezimmer mäuschenstumm, mi-, ma-, mäuschenstumm,
saß stundenlang das Publikum, Pi-, Pa-, Publikum,
und weil ihn dieses schmerzte, kauft' er sich noch drei Ärzte
für seine Lungenpraxis, was schließlich auch kein Klacks ist.
 
3. Doch auch ein Arzt braucht Brot und Schmalz, Bri-, Bra-, Brot und Schmalz,
behufe seines Unterhalts, I-, A-, Unterhalts,
drum schrieb er die Rechnungen für auskurierte Lungen,
er schickt sie an die Kasse, es war 'ne ganze Masse.
 
4. Die Kasse zahlte anstandslos, i-, a-, anstandslos,
doch plötzlich war der Teufel los, Ti-, Ta-, Teufel los,
man prüfte nach die Summen, die Severing genummen,
da fiel dem Kassenprüfer herab der Unterkiefer.
 
5. Der Doktor hatte ungeniert, i-, a-, ungeniert,
ein paar Prozent zuviel kassiert, vi-, va-, viel kassiert;
der Prüfer wollt's genau sehn, da packte ihn das Grausen,
er putzte sich die Brille, es waren hundert Mille.
 
6. Wie nun dem Dr. Severing, Si-, Sa-, Severing,
die Kasse schwer ans Leder ging, Li-, La-, Leder ging,
da sprachen die Kollegen, wieso, warum, weswegen
wollt ihr ihm denn ans Leder, so machts doch schließlich jeder.
 
7. Und daß der Doktor richtig lag, ri-, ra-, richtig lag,
bestätigt auch der Ärztetag, I-, A-, Ärztetag,
denn wer der beste Arzt ist, was man am Konto abliest,
der wird von denen ungeniert auch gleich zum Präsident gekürt.
 
8. Die Severinge laufen nun, li-, la-, laufen nun
nicht nur in weißen Kitteln rum, Ki-, Ka-, Kitteln rum,
es gibt noch mehr Studierte und andre Arrivierte,
den'n füllen wir die Taschen und lassen uns verarschen.


Es wollt ein Bauer früh aufstehn... 222 Volkslieder. Hrsg. und bearbeitet von "Zupfgeigenhansel" Thomas Friz und Erich Schmeckenbecher. Dortmund: pläne 1978, S. 417.
DVA: V 1/4165

Dort folgende Herkunftsangaben: "Melodie: Freifrau von Droste Vischering. In den letzten Jahren ist dieses Lied bekannt geworden. Es ist wohl von einigen Leuten aus Bochum geschrieben worden. Verbreitet hat es sich mündlich und durch Abschrift. Dr. Severing war Präsident der Bundesärztekammer."

© Georg Bungter und Günter Frorath. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.


Editorische Anmerkung:
Der Name des im Lied genannten Hans Joachim Sewering (1916–2010) wurde in vorliegendem Liederbuch irrtümlich "Severing" geschrieben. Unabhängig davon forderte Sewering 1979 den Dortmunder Verlag Pläne durch seine Rechtsanwälte zur "Unterbindung weiterer Ehrenkränkung" auf und drohte mit "einer Vertragsstrafe von 10.000 Mark" (Der Spiegel, 14. Mai 1979).

Die Vermutungen von Friz/Schmeckenbecher zur Herkunft dieses Liedes ("aus Bochum") treffen nicht zu. Das Lied stammt vielmehr aus Köln und ist dort im Herbst 1976 von Georg Bungter und Günter Frorath geschrieben worden. Erstmals aufgeführt wurde diese Parodie durch die beiden Autoren am 5. Dezember 1976 live im Westdeutschen Rundfunk (WDR), innerhalb der Sendung "Rotkohl" (Mitteilung von Günter Frorath, 26. Febr. 2014).
Das Lied war innerhalb dieser Sendung eingebettet in einen kabarettistischen Sketsch über "Sewering": nach einem Dialog zwischen Hans Conrad Zander und Georg Bungter ("Alle reden von Professor Sewering…"), sang Günter Frorath das Lied, Georg Bungter begleitete auf der Gitarre. In dieser ursprünglichen Version hatte das Lied sechs Strophen. Die oben angeführten Strophen 7 und 8 sind später entstanden (und unbekannter Herkunft). Die Erstfassung bot zudem eine etwas andere Strophenstruktur (mit jeweils sechs Versen): die Zeilen 3/4 wurden dort jeweils als Verse 3–6 notiert) sowie den (liedspezifischen) Refrain, z. B. zu Str. 1:
Ach Herrje Herrjemine,
ach Herrje Herrjemine,
ach Herrje Herrjemine,
und ließ es sich berappen.
Ansonsten sind die Abweichungen im Liedtext minimal, z. B. in
Str. 2, Zeile 3: "holt er sich" (statt "kauft"),
Str. 5, Zeile 4: "wischte sich" (statt "putzte");
siehe Sendemanuskript "Rotkohl. Das politische Magazin der Jungkonservativen Bewegung Deutschlands", 5. Dez. 1976, WDR 1, 21.30 Uhr, Blatt 5–9 (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Georg Bungter und Günter Frorath).
 
last modified 19.03.2014 02:36
 

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