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You are here: Home Lieder Es flog ein klein Waldvögelein der Liebsten vor die Tür Edition B: Liedersammlung um 1670
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B. Es flog ein kleines Waldvögelein der Liebsten für die Thür

(Liedersammlung um 1670)


Text: anonym
 


Das 121. Lied.

1. Es flog ein kleines Waldvögelein /
der Liebsten für die Thür /
klopffet an mit seinem Goldschnäbelein /
gar still mit aller Zier /
ich bin so weit geflogen/
in Kummer und Sorgen groß /
doch still und gantz verborgen /
der Liebsten in ihr Schoß.
 
2. So grüß dich Gott im Hertzen /
du schöns Waldvögelein /
vertreibst mir viel der Schmerzen / |[o. S.]
daß du bey mir kehrst ein /
bist du so weit geflogen /
in Kummer und grosser Gefahr /
dir bleib ich gneigt und gwogen /
mit grosser Liebe gar.
 
3. Bin ich geflogen über Berg und Thal /
soch mit sehr grosser Müh:
Und such mein Lieb ganz überall /
trag Sorg / sie sey nicht hie.
Hertzlieb! bist du vorhanden /
tröst mich Waldvögelein /
in dein schneeweisse Händ /
schleuß du/ Hertzlieb! die mein.
 
4. Wie soll ich dich denn trösten /
du schöns Waldvögelein!
ist mir das allergröste /
daß es jetzt nicht kan seyn. /
dir will ich mich ergeben /
hab dir mein Treu zum Pfand /
so lang ich hab das Leben /
drauf biet ich dir die Hand.
 
5. Jungfrau! wolt ihr mich kennen?
ich heiß der Pelican:
der sein Herz thut auftrennen /
sein Blut daraus thut lahn /
ich will mich unterwinden /
für dich selber mein Hertz /
mit grosser Lieb verbinden /
sag ich ohn allen Schertz.
 
6. Dieweil du dich thust nennen /
und heist der Pelican:
darbey solst du erkennen /
von dir will ich nicht lahn. /
dieweil du dich thust setzen /
in Kummer und grosse Gefahr /
dessen will ich dich ergetzen /
soll währen immerdar.
 
7. Ein Vogel in Arabia /
Phenix wird er genandt:
darumb/ du schöne Amasia!
mit ihm wurdest verbrandt /
darzu mein Leib und Leben /
das will ich bey dir lahn /
so du mir würdest geben /
mein Treu wird bey dir stahn.
 
8. Wo thust du nun hindencken /
du schöns Waldvögelein:
laß dich doch nur nicht kräncken /
dein eigen will ich seyn /
mein Treu will ich dir halten /
wie du begehrst an mich /
in solcher Maß und Gstalten /
begehr ich auch an dich.
 
9. Der Adler und die Königin /
haben mit mir ein Streit:
und hassen mich Waldvögelein /
dieweil ich flieg so weit /
ich flieg der Lieb zu Ehren /
weil ich das Leben hab /
das soll mir niemand wehren /
Ade! ich flieg darvon.
 
10. Dieweil du dich thust schwingen /
über die breite Heyd:
Glück kan dich wieder bringen /
behüt dich Gott für Leid /
wenn du thust wiederkehren /
das bringt die liebe Zeit / |[o. S.]
kehr dich bald wieder here /
Hertzlieb! fleuch nicht zu weit.
 
11. Wer ist, der uns diß Liedlein sang/
von neuem hat gemacht:
das hat gemacht der Pelican/
der Lieb zu guter Nacht/
er hats so wol gesungen/
aus frischem freyem Muth /
hat auch darbey vernommen /
wie weh das Scheiden thut.


Tugendhaffter Jungfrauen und Junggesellen Zeitvertreiber / . Das ist: Neu vermehrtes / und von allen Fantastischen groben unflätigen und ungeschickten Liedern gereinigtes / weltliches Lieder-Büchlein / … Durch Hilarius Lustig von Freuden-Thal [um 1670], Nr. 121 [S. 59 v – 60 v].
DVA: Film 65
last modified 21.06.2012 01:26
 

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