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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Der Hecker ist gekommen in den Schwarzwald hinein Edition A: Liederheft 1848/51
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A. Hört, ihr meine lieben Leute

(Liederheft 1848/51)


Text und Melodie: anonym
 

Scan der Editionsvorlage
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Der Hecker.

1. Hört, ihr meine lieben Leute, was ich euch erzählen will
von dem Hecker, dem Räuber, dem meineidigen Kerl.
 
2. Der Hecker ist gekommen in den Schwarzwald hinein,
Als Kaiser über Deutschland das wollt er gerne sein.
 
3. Die Krone, das Zepter hätt er gern gehabt.
Da haben ihn, da haben ihn die Soldaten erdappt. |[S. 314]
 
4. Er schickte als Verräter seinen Feldadjutant,
Er gab als Verleumder dem General die Hand.
 
5. Kaum hat er sich gewendet zu seiner Freischar
Da schossen die Schurken den General zum Tod.
 
6. Gelt, Hecker, gelt Struve, das Blatt hat sich gewendt,
Du hast ja bei Freiburg dein Schnauzbart verbrennt!
 
7. Dein Schnauzbart verbrennt, die Zensur verlor.
Gelt Hecker, gelt Struve, das ist euer Lohn!
 
8. Ihr Kaiser, Ihr König, mit dem Hecker ist es aus!
Was bekommen wir Soldaten, wenn wir kommen nach Haus?
 
9. Ein schönes junges Mädchen, ein kühles Glas Wein,
Das soll ja, das soll ja euer Lohn dafür sein!
 
10. Ein schönes Paar Ochsen, eine gebucklichte Kuh,
Die schenkt mir mein Vater, wenn ich heiraten tu.


Handschriftliches Liederbuch aus Consdorf (Luxemburg), 1848–1851; zit. nach Mathias Thill: Singendes Volk. Volkslieder aus Luxemburg. Esch-Alzette: Kremer-Muller 1937, S. 313f.
DVA: V 1/22275


Editorische Anmerkung:
Zur Quelle und zur Editionsvorlage: Das handschriftliche Liederbuch aus Consdorf (1848–1851) hat dem Luxemburger "Volkslied"-Sammler Mathias Thill offenbar vorgelegen; er ediert mehrere Lieder nach dieser Vorlage. Der Verbleib des Liederheftes ist nicht bekannt.
Dieser Liedbeleg ist – sofern auf die Angaben von Mathias Thill Verlass ist – die früheste Quelle, die bislang zu diesem Lied bekannt ist. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine Fassung, die bereits Spuren der mündlichen Tradierung aufweist:
  • Dadurch erklärt sich etwa in Str. 5 der fehlende Reim (Freischar – Tod): in anderen Aufzeichnungen heißt es statt "Freischar" an dieser Stelle "Rott'".
  • Zwischen Str. 5 und 6 fehlen hier jene zwei Strophen, die die Wut der Soldaten über die Erschießung von Gagerns zum Ausdruck bringen (vgl. Edition B, Str. 5 und 6).
  • Anders als andere Versionen erwähnt diese Variante neben Friedrich Hecker auch Gustav Struve: "Gelt, Hecker, gelt Struve, das Blatt hat sich gewendt" (Str. 5), was darauf hindeutet, dass die Niederschrift in besagtem Liederbuch erst nach dem zweiten badischen Aufstand, den Gustav Struve im September 1848 anführte, gemacht worden ist.
  • Die letzte Strophe gehört gar nicht zum eigentlichen Liedtext. Dieser Vierzeiler war im ganzen deutschen Sprachraum in verschiedensten Versionen stark verbreitet und wurde schon 1808 unter den Kinderliedern in "Des Knaben Wunderhorn" angeführt (KL 101c). Hier fungiert er als angehängte Wanderstrophe. Vgl. dazu Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder. Hrsg. Heinz Rölleke. Lesarten und Erläuterungen. Stuttgart 1978 (= Clemens Brentano: Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, Band 9, 3), S. 640f., sowie Otto Holzapfel: Vierzeiler-Lexikon, Band 2, Bern 2002, S. 144–146 (Nr. 777).

Das der Parodie zugrunde liegende Napoleon-Lied ist in zahlreichen Versionen überliefert. In einer in Wien um 1815 publizierten Liedflugschrift lautet der Liedanfang beispielsweise:

  1. Merkts auf meine Herrn, es wird euch erzählt,
    Von Napoleon, dem großen, schlauen Held,
    Wie er ist gegangen nach Rußland hinein,
    Weil er europäischer Kaiser wollt sein.
  2. In Rußland, da hat er sich gar nicht ausgekannt,
    Da hat er sich sackrisch die Nase verbrannt
    Die Nase verbrannt und die Ohren erfrert,
    Da ist Bonaparte bald wieder umkehrt. [...]

Zit. nach Dietmar Sauermann: Historische Volkslieder des 18. und 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Volksliedforschung und zum Problem der volkstümlichen Geschichtsbetrachtung. Münster: Aschendorff 1968, S. 356 (Nr. 35). Dort zahlreiche weitere Quellen zu diesem Liedtyp; darüber hinaus siehe auch DVA: Gr. II "Merkts auf, meine Herren, was ich euch erzähl".

Dass die Hecker-Parodie auch die Melodie des Napoleon-Liedes übernommen hat, zeigen etwa folgende Aufzeichnungen des Spottliedes auf Napoleon; DVA: E 1167 (Hessen 1839), A 21717 (Schweiz um 1900) und Othmar Meisinger: Volkslieder aus dem badischen Oberlande. Heidelberg 1913, S. 30.

Eine weitere frühe Melodieaufzeichnung der Hecker-Parodie, die 1858 dem Volksliedsammler Ludwig Erk übermittelt wurde, bestätigt die oben edierte Weise und zeigt zugleich, wie der Text der Eingangsstrophe mit der darauf folgenden zusammengezogen wurde:


Derhec_b_110523.gif


  1. Der Hecker, der Räuber,
    der meineid'ge Kerl,
    der wollte gern Kaiser
    vom deutschen Reich wern.


Liedaufzeichnung aus Frankenberg in Kurhessen 1858 durch "Assessor Becker" (aus Langen), aus dem Nachlass von Ludwig Erk, Bd. 31, S. 689, Nr. 3.
DVA: E 11959
last modified 12.10.2011 10:19
 

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