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Das neue Lied von dem versoffnen Fahnenschmied


Das seit dem frühen 19. Jahrhundert belegte Scherzlied "Das neue Lied, das neue Lied von dem versoffnen Fahnenschmied" (auch Pfannenschmied, Nagelschmied) ist bis in die 1930er Jahre primär mündlich tradiert worden. Gesungen wurde der Vierzeiler überwiegend auf die Melodie von "O Tannenbaum".

I. In einer undatierten, wohl aus dem frühen 19. Jahrhundert stammenden Liedflugschrift lässt sich das Scherzlied "Das neue Lied, das neue Lied, von dem versoffnen Fahnenschmied" erstmals nachweisen (Edition A). Der Erstbeleg in einem gedruckten Liederbuch stammt aus dem Jahr 1843 (Edition C). Belustigung bot das Lied zum einen durch die formale Anlage der einzigen Strophe, die – wie der Text es fordert – beliebig oft "wieder von vorn" begonnen werden sollte. Zum anderen parodierte es in seiner lapidaren Kürze die seinerzeit durch Flugschriften verbreiteten "schönen neuen Lieder", die bestimmte, oft schreckliche Begebenheiten breit ausmalten. Von der besungenen Figur – Fahnenschmiede waren in berittenen Truppen für den Hufbeschlag zuständig – erfährt man hier jedoch einzig, dass sie "versoffen" ist. Es ist anzunehmen, dass das Lied vor allem in Trinkrunden beliebt war.

II. Das Lied vom "versoffnen Fahnenschmied" wurde vor allem auf die Melodie von "O Tannenbaum" gesungen, dessen beide im 19. Jahrhundert kursierende Versionen (Liebeslied 1820, Umdichtung zum Weihnachtslied 1824) wiederum auf eine Weise im "Mildheimischen Liederbuch" (1799ff.) zurückgriffen ("Es lebe hoch, es lebe hoch, der Zimmermannsgeselle"). Mit dieser Melodie wurde das scherzhafte "Fahnenschmied"-Lied 1839 in Berlin aus mündlicher Überlieferung aufgezeichnet (Edition B), wobei die anonyme Gewährsperson es mit einer Erweiterung sang, die die Vermutung bestätigt, dass es vor allem in feucht-fröhlichem Rahmen erklang ("1 Buddel Bier, 2 Buddel Bier, 3 Buddel Buddel Buddel Buddel Bier" usw.). Beleg für die seinerzeit große Popularität des Liedes ist auch eine 1851 in den "Fliegenden Blättern" erschienene Karikatur: Sie zeigt den nach der gescheiterten Revolution von 1848 traurig-versoffnen "deutschen Michel"; die der Illustration unterlegte Liedstrophe ist in diesem Fall als politischer Zeitkommentar zu verstehen (Abb. 1).

III. Das Lied vom "versoffnen Fahnenschmied" lebte bis in die 1930er Jahre vor allem in mündlicher Überlieferung weiter (wobei aus dem Liedprotagonisten zunehmend ein Nagelschmied, verschiedentlich ein Pfannenschmied wurde). Gedruckte Belege sind dagegen relativ selten. Aufgezeichnet wurde es noch 1927 als "Trinklied bei ausgelassener Stimmung" (Edition D). Daneben ist es häufig als Kinderlied belegt, zuerst in Karl Simrocks Sammlung "Das deutsche Kinderbuch. Altherkömmliche Reime" (2. verm. Aufl. Frankfurt a. M. 1857, Nr. 486), im 20. Jahrhundert auch in mundartlichen Fassungen (Edition E).

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(Februar 2009)



Editionen und Referenzwerke

Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: etliche Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: vereinzelt auf Flugschriften, selten in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: gelegentlich Karikaturen
  • Tondokumente: —
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Tobias Widmaier: Das neue Lied, das neue Lied von dem versoffnen Fahnenschmied (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/das_neue_lied_das_neue_lied_von_dem_versoffnen_fahnenschmied/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 08.01.2013 01:01
 

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